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Die Grundgedanken der Verfassung von 1921

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Die Grundgedanken der Verfassung von 1921

Die Grundgedanken der Verfassung von 1921

Die Erb- und Thronfolge

Regierender Fürst Hans-Adam und dessen erstgeborener Sohn Erbprinz Alois.
In den Monarchien Europas ist die Erb- und Thronfolge unterschiedlich geregelt. Für das Haus Liechtenstein hat das Gesetz der Primogenitur seit 1606 Gültigkeit.

Im Mittelalter bestand das Ansehen einer adeligen Familie vorwiegend im Grundbesitz und den damit verbundenen Privilegien. Bereits im 16. Jahrhundert versuchte man im Hause Liechtenstein durch Erbverträge eine Aufsplitterung des Grundbesitzes zu verhindern, um das Ansehen und die Macht der Familie nicht zu schwächen.
 
Schema der Erbfolge im Hause Liechtenstein.
Der Fürst wacht gemäss Hausgesetz über «Ansehen, Ehre und Wohlfahrt» des Fürstlichen HausesDiesen Zielen diente auch der neue Familienvertrag vom 26. September 1606, den die Fürsten Karl, Maximilian und Gundacker abschlossen. Darin wurde festgelegt, dass nun der Erstgeborene (Primogenitus) der ältesten Linie Familienoberhaupt oder Regierer des Hauses war. Weiter wurden die wichtigsten Güter der Familie zum Fideikommiss erklärt. Das bedeutete, dass diese Besitzungen weder aufgeteilt noch veräussert werden durften.
Der männliche Erstgeborene der ältesten Linie erbt durch diese Primogenitur-Erbfolge (Erstgeburtsrecht) also den Stammbesitz des Hauses Liechtenstein und weitere Privilegien (z. B. den Titel, das Hausarchiv und die Sammlungen).

 
Familienverträge sichern den Besitz. Familienvertrag abgeschlossen zwischen den Fürsten Karl, Maximilian und Gundacker (26.9.1606).
Nur männliche Nachkommen können die Erb- und Thronfolge antreten Der erstgeborene Sohn des regierenden Fürsten erwirbt durch Geburt das Nachfolgerecht nicht nur für sich, sondern auch für seine Nachkommen. Wenn ein regierender Fürst keine männlichen Nachkommen hat, so geht das Recht der Nachfolge auf die anderen männlichen Nachkommen seines Vaters über, d. h. vorerst auf den ältesten Bruder des regierenden Fürsten. Wenn der Vater des Fürsten auch keine männlichen Nachkommen mehr hat, so fällt das Recht der Erb- und Thronfolge zurück auf die männlichen Nachkommen des Grossvaters. Frauen und deren Nachkommen sind von der Thronfolge ausgeschlossen, ebenso uneheliche Nachkommen.
 
Die erbliche Thronfolge auf einem Bild. Regierender Fürst Franz Josef II., damaliger Erbprinz Hans Adam und dessen erstgeborener Sohn Alois. (1978)
Erb- und Thronfolge in der Realität Ein Beispiel über hundert Jahre Erb- und Thronfolge kann die schwierige Materie erläutern:
Mit dem Tode des Fürsten Johann Josef I. trat 1836 sein ältester Sohn als Fürst Alois II. und Regierer des Hauses die Nachfolge an. Ihm folgte 1858 sein ältester Sohn Fürst Johann II., der jedoch unverheiratet blieb. Als Fürst Johann II. nach 71 Jahren Regentschaft starb, nahm 1929 sein Bruder als Fürst Franz I. das Recht der Erb- und Thronfolge wahr. Da auch Fürst Franz I. keine Nachkommen hatte, ging mit seinem Tode 1938 das Erb- und Thronfolgerecht auf den ältesten Bruder seines Vaters (= seinen Onkel) und dessen Nachkommen über. Der rechtmässige Erbe und Thronfolger Prinz Alois verzichtete jedoch auf die Regierungsübernahme, wodurch sein ältester Sohn als Fürst Franz Josef II. die ihm zustehenden Hoheitsrechte übernahm.
 
lateinisch: ipso iure (durch das Recht selbst): Unmittelbar nach dem Tode und von selbst geschieht die Thronübernahme.
Es gilt das französische Sprichwort: «Le roi est mort, vive le roi.» Die Übernahme des Thrones durch den Nachfolger ist kein Willensakt, sie erfolgt von selbst unmittelbar (ipso iure) mit dem Tod eines Fürsten. Nach dieser Rechtsordnung war Hans-Adam II. seit dem 13. November 1989, dem Todestag des bisherigen Fürsten Franz Josef II., neuer Fürst. Der Landesfürst ist Oberhaupt des Staates. Die Person des Landesfürsten untersteht nach Art. 7 der Verfassung «nicht der Gerichtsbarkeit und ist rechtlich nicht verantwortlich». Dies bedeutet, dass der Fürst in Sachen des Strafrechts und in politischen Belangen nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.

Sanktion von GesetzenIn der Ausübung der Staatsgewalt nimmt der Monarch nicht nur die Stellung eines Staatsoberhauptes ein, sondern er hat auch entscheidend Anteil an der Gesetzgebung und beim Vollzug der Gesetze, denn «Jedes Gesetz bedarf zu seiner Gültigkeit der Sanktion des Landesfürsten» (Art. 9).
 
Fürstenhut
Notverordnungen und BegnadigungWeiter liegt es auch in der Hand des Fürsten, in Notzeiten «das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Staates» (Art. 10) zu veranlassen. Notverordnungen treten jedoch spätestens nach 6 Monaten ausser Kraft.
Dem Landesfürsten steht wie vielen Staatspräsidenten auch das Recht der Begnadigung, der Milderung und Umwandlung rechtskräftig zuerkannter Strafen zu (Art. 12).
 
Zusammenwirken von Monarchie und Demokratie Wenn auch in der Verfassung das monarchische Prinzip hervorgehoben ist, so gilt doch für die Ausübung der Rechte des Landesfürsten und auch des Landtages (als Vertreter des Volkes) in vielen Bereichen der Grundsatz des Zusammenwirkens. Teils sind die Rechte auf Fürst und Landtag aufgeteilt, teils ist ein gemeinsames Wahrnehmen der Rechte vorgesehen, das beide Inhaber der Staatsgewalt zur Zusammenarbeit veranlasst (wie z. B. beim Erlass eines Gesetzes oder der Bestellung der Regierung).