Die Wahlsysteme
Die Verhältniswahl (Proporz)
Bei der Verhältniswahl kommt es nicht allein auf die Mehrheit (Majorz) an, sondern auf das Verhältnis (Proporz) der Stimmenanzahl der einzelnen Bewerber oder Parteien untereinander. Ein grosser Vorteil dieses Wahlsystems besteht darin, dass die Stimmen kleinerer Parteien, die ebenfalls durch ihr Wahlprogramm Stimmen von Wahlberechtigten erhalten haben, nicht verloren gehen und im Parlament vertreten sind.
Wahlzahl für die Verteilung der Mandate Die Zahl der Stimmen, die notwendig sind, um ein Mandat (einen Sitz im Parlament) zu erhalten, nennt man die Wahlzahl oder Wahlquotient. Jede Partei, die allerdings die vorgeschriebene Sperrklausel (Prozenthürde) und die Wahlzahl stimmenmässig nicht geschafft hat, scheidet auch bei diesem System von der Mandatsverteilung aus.
Beim Proporzwahlverfahren wird ermittelt, wie viele Mandate einer Partei zufallen. Im Wesentlichen haben sich zwei VerhäItniswahlsysteme für die Zuteilung der Mandate bewährt und werden in vielen Staaten angewendet:
Verhältniswahl nach Viktor d'Hondt Nach dem System des Belgiers Viktor d'Hondt werden die Stimmen der einzelnen Parteien durch eins, zwei, drei usw. dividiert; auf das jeweils höchste Divisionsergebnis wird ein Mandat verteilt, bis alle möglichen Mandate vergeben sind. Dieses System wird vor allem in der Bundesrepublik Deutschland angewandt.
Beispiel:
Bei einer Wahl sind vier Parteien angetreten und haben sich um die 10 Mandate im Wahlbezirk beworben.
Divisor | Partei A | Partei B | Partei C |
:1 | 90000 (1) | 66000 (2) | 24000 (6) |
:2 | 45000 (3) | 33000 (4) | 12000 |
:3 | 30000 (5) | 22000 (8) | 8000 |
:4 | 22500 (7) | 16500 (10) | 6000 |
:5 | 18000 (9) | 13500 | 4800 |
Wahlergebnis: Nach dem Verteilungssystem von Viktor d'Hondt werden die 10 Mandate folgendermassen vergeben:
Partei A: 5 Mandate; Partei B: 4 Mandate; Partei C: 1 Mandat
Verhältniswahl nach Thomas Hare
Eine andere Verteilungsmethode der Mandate erfand der Engländer Thomas Hare. Dabei dividiert man die Gesamtzahl der Stimmen durch die Zahl der Mandate, die verteilt werden sollen; damit erhält man die Wahlzahl oder den Wahlquotient. Die Stimmen jeder Partei werden nun durch diese Wahlzahl geteilt. Das Ergebnis ist die Anzahl der Mandate, die jeder Partei zufallen. Wenn noch Mandate übrig bleiben, werden sie an die Parteien mit den grössten Reststimmenanteilen nach der relativen Mehrheit vergeben.
Dieses Proporzwahlrecht bildet die Grundlage für die Wahl der Parlamente in Österreich und Italien.
Beispiel:
Das Wahlergebnis: Partei A 90000 Stimmen, Partei B 66000 Stimmen, Partei C 24000 Stimmen.
Da die Partei D die 8%-Hürde nicht erreicht hat, werden ihre 15000 Stimmen vom Gesamtergebnis für die Errechnung der Wahlzahl abgezogen.:
Wahlzahl (Wahlquotient): 180000: 10 = 18000 (Wahlzahl)
Partei A: 90000 : 18000 = 5 Rest: 0
Partei B: 66000 : 18000 = 3+1 Rest: 12000
Partei C: 24000 : 18000 = 1 Rest: 6000
Das Wahlzahl-Methode von Thomas Hare verteilt die 10 Mandate folgendermassen::
Partei A: 5 Mandate; Partei B: 4 Mandate; Partei C: 1 Mandat;
Aus diesen Varianten der Verhältniswahl setzt sich der liechtensteinische Wahlmodus - mit entsprechnden Abänderungen - zusammen. Das Modell von Thomas Hare wird in abgeänderter Form für die Verteilung der Mandate angewendet, nach dem System von Viktor d'Hondt werden die Restmandate verteilt.