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Die Rolle des Volkes im politischen System

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Die Rolle des Volkes im politischen System

Die Rolle des Volkes im politischen System

Volk und Herrschaft

Stimmabgabe an der Urne. (Fotomontage: Eine Urne im Inneren des Regierungsgebäudes in Vaduz)
Jahrhunderte lang war das Volk von der politischen Meinungsbildung ausgeschlossen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhr die Idee der Volksherrschaft einen entscheidenden Durchbruch.

Ein Staat ohne Volk ist unvorstellbar; umso erstaunlicher ist es, wenn man feststellt, dass
das Volk seit Beginn der Menschheitsgeschichte bis ins 20. Jahrhundert nur in wenigen Ländern eine tragende politische Rolle gespielt hat. Eine Ausnahme bildet höchstens die Demokratie im antiken Athen, obwohl sich auch damals nicht jeder Einwohner von Athen politisch betätigen konnte.

Nach dem Ende dieser griechischen Demokratie gab es während etwa 2000 Jahren keine Staatsform mehr, welche das Volk in die politische Meinungsbildung miteinbezogen hätte. Im Gegenteil: Kirchliche und weltliche Obrigkeiten schlossen Jahrhunderte lang die Masse des Volkes von jeder Art Bildung aus, wohl wissend, dass ein gebildetes Volk auch ein kritisches Volk ist und bestehende Herrschaftsformen hinterfragen könnte. So aber bestand die einzige politische Tätigkeit des Volkes darin, den
«von Gottes Gnaden» erwählten Herrschern untertan zu sein.
2000 Jahre lang bestimmten so Einzelne, was
Volkswohl zu bedeuten hatte. Zwar wurden die bürgerlichen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts von Gebildeten der herrschenden Stände vorbereitet. Sie brachten jedoch noch keine Umverteilung der Macht, die auch dem Volk eine angemessene Mitbestimmung in politischen Belangen erlaubt hätte.
 
Besucher im Liechtensteinischen Landtag, jedoch noch im alten Landtagsgebäude (heutiges Regierungsgebäude). Das neue Landtagsgebäude wurde 2008 eröffnet. (Vaduz)
Volk wehrt sich gegen diktatorische Regime Erst der Zusammenbruch der faschistischen Mächte am Ende des Zweiten Weltkrieges verhalf der Idee der Volksherrschaft zum Durchbruch. Die Erfahrung, welche die Welt mit diktatorischen Gewaltsystemen gemacht hatte, ebnete den Demokratisierungsbestrebungen den Weg in West und Ost, auch wenn die Grundideen der westlichen Demokratien von denen der osteuropäischen Volksdemokratien ziemlich weit entfernt waren.

Interessanterweise blieb es diesen Volksdemokratien vorbehalten, der Welt zu demonstrieren, welche politischen Kräfte in einem einigen Volk frei werden können: In einem beispiellosen unblutigen Volksaufstand haben osteuropäische Staaten in jüngster Zeit bewiesen, dass sich ein Volk auch
«auf der Strasse» für seine politischen Rechte einsetzen kann und ein korruptes, verknöchertes Regime zu stürzen imstande ist, dessen einziges Ziel es war, in menschenverachtender Weise Parteiideologie zu predigen, ohne dieser Ideologie selbst nachzuleben. Eindrücklicher lässt sich die Rolle des Volkes in einem demokratischen System kaum mehr demonstrieren.