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Einheitsstaat und Bundesstaat

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Einheitsstaat und Bundesstaat

Einheitsstaat und Bundesstaat

Einheitsstaat oder Zentralstaat

Die Verwaltung, die ganze Wirtschaft und auch die Kultur sind in der Gross­stadt Paris konzentriert.
Am Beispiel Frankreich sieht man, dass die langen Instanzenwege des Einheitsstaates enorme Nachteile haben. Spontaneität und kulturelle Entwicklung bleiben auf der Strecke. Profiteur ist das Zentrum des Staates, in diesem Falle Paris. 

Der Einheits- oder Zentralstaat weist im Gegensatz zum Bundesstaat eine einheitliche Regierung, Verwaltung und Gesetzgebung für das ganze Land auf. Es gibt keine Teilstaaten, sondern nur die der Zentralregierung untergeordneten Verwaltungsbezirke, die keine eigene Verwaltungshoheit besitzen.
 
Der riesige, der internationalen Geschäftswelt geweihte Bogen, La Grande Arche (1984 -1989), setzt in optischer Verlängerung die Achse Triumphbogen - Champs-Elysées fort. Das Bauwerk wurde auf initiative des damaligen Präsidenten François Mitterrand (1916 - 1996) in Paris gebaut. Die Eröffnung, des fast würfelförmigen Gebäudes, erfolgte am 14.7.1989 zur 200 Jahr Feier der Französischen Revolution. Es wurde von den Architekten Johan Otto von Spreckelsen und Paul Andreu entworfen und besteht hauptsächlich aus Glas, Carrara-Marmor und Stahlbeton.
Wenn regionale Unterschiede zugunsten der Einheit verloren gehen Die Konzentrierung der gesamten Verwaltung hat Vor- und Nachteile: Auf der einen Seite werden z. B. Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege einheitlich gehandhabt; andererseits fühlen sich viele in einem Einheitsstaat politisch für unmündig angesehen. Denn vieles wird von der Zentralregierung entschieden, ohne dass auf regionale Unterschiede Rücksicht genommen werden kann. Heute gehen jedoch viele Staaten, die bisher den Zentralismus besonders gepflegt haben, immer mehr dazu über, Verwaltungsaufgaben (wenigstens teilweise) zu dezentralisieren.

Der absurde Weg über sechs Amtsstellen: ein Beispiel Praktisch alle Entscheidungen bis ins Kleinste werden in Paris gefällt. Über Zentralismus am Beispiel Frankreichs lesen wir bei H. Lüthy:

«Es gibt keine Regung des öffentlichen Lebens, die ihrer Kontrolle entgeht, und es gibt wenige solche Regungen, die ihre Duldung finden. Kein Gemeinderat kann eine Wasserleitung bauen, einen Weg pflästern oder das Dach einer Schule reparieren lassen, bevor sechs Amtsstellen der Verwaltung vom Unterpräfekten bis hinauf zur Pariser Finanzdirektion dieses Projekt mit ihrem Stempel gutgeheissen haben, was bei allseitig gutem Willen ein Jahr beansprucht und, wenn irgendwo auf diesem langen Weg ein Bedenken auftaucht, nie zustande kommt. Man hat den Gemeinden systematisch jede Initiative untersagt, handle es sich um eine offizielle Badeanlage oder einen Gemeindeabfuhrdienst. 
Was auch immer das Volk diskutiert, entschieden wird in der Hauptstadt.
Der landwirtschaftliche Markt Frankreichs ist die Grossstadt Paris Die ganze Wirtschaft hat sich auf die Verwaltung in Paris ausgerichtet. So gibt es doch kaum eine grössere Firma, die es sich nicht schuldig zu sein glaubt, ihren Hauptsitz mit grossen Kosten in Paris zu unterhalten, dem Ort des Prestiges, der nützlichen Kontakte und zugleich dem einzigen Standort, der in den unvermeidlichen Auseinandersetzungen mit den Verwaltungen die schrecklichsten Umwege des Instanzenweges abzukürzen erlaubt. Selbst die Landwirtschaft dieses bäuerlichen Landes hat sich auf Paris ausgerichtet oder ist, wo sie den Anschluss an das «Pariser Netz» nicht fand, in rückständiger Dorfwirtschaft versteinert:  
Auch kulturell hat diese Stadt das übrige Frankreich zur Wüste gemacht. Ihr ununterbrochenes, tausendfältiges, verschwenderisches Feuerwerk, das aus fünf Dutzend Theatern, hundert Ausstellungen, Kunstgalerien, Konzerten, Konferenzen, Modeschauen, Banketten, Empfängen, Cafés und Premieren Tag für Tag und Nacht für Nacht aufsteigt, hat seine Kehrseite; die tödliche Langeweile der Provinzstadt, in der nie etwas geschieht, es sei denn dann und wann ein Unfall oder ein Verbrechen, und deren geistiges Leben sich vom nachbarlichen Klatsch und Neuigkeiten des Quartiercafés nährt.»
(nach: Oskar Bär)