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Staatsanschauungen im Wandel der Jahrhunderte

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Staatsanschauungen im Wandel der Jahrhunderte

Staatsanschauungen im Wandel der Jahrhunderte

Gottesgnadentum – Kirchliche und weltliche Macht

Weltliche und geistliche Macht vereint auf dem Thron. So harmonisch, wie dies im Sachsenspiegel des Eike von Repgow (bedeutendstes Rechtsbuch des deutschen Mittelalters) dargestellt wurde, war die Verbindung durchaus nicht. Kaiser und Papst standen im ständigen Wettkampf um die Vorherrschaft. (1225 in Deutschland)
Der dunklen Epoche der Völkerwanderungszeit folgten Machtkämpfe des Adels gegen die Könige sowie der Konflikt zwischen Kaiser und Papst.

Die Völkerwanderung (375-568) versetzte der Antike den Todesstoss und war zugleich Auftakt für das beginnende Mittelalter.
Im ehemaligen Römerreich entstanden neue germanische Staaten: Das Wandalenreich in Nordafrika, das Westgotenreich in Spanien, das Reich der Burgunder der Rhone entlang, das Ostgotenreich in Italien und schliesslich das Frankenreich, das um 500 n. Chr. vom Main bis an die Westküste Frankreichs reichte und sehr bald zentraler Staat des Abendlandes werden sollte.

Machtkämpfe zwischen König und Adel Die neu entstandenen Staaten waren Königreiche, wiesen aber Unterschiede zum spätantiken Kaiserreich auf: Neben der Königsgewalt bestand noch die Macht des Adels. Ihren Herrschaftsanspruch leiteten die Adeligen davon ab, dass sie in den Zeiten der Wanderung mit ihrer Gefolgschaft (ihnen ergebene Soldaten) für den Schutz und die Sicherheit der Stämme gesorgt hatten.
Zu den Machtkämpfen zwischen König und Adel kam noch ein weiterer Konflikt, der die Politik des gesamten Mittelalters prägen sollte: das Verhältnis zwischen Kaiser und Papst.

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Vatikan

Mittelalterliches Lehnswesen. Ein Bischof und eine Äbtissin erhalten vom König ein Lehen in Form eines Zepters (Herrschaftsgewalt). Ihnen gegenüber nehmen drei weltliche Fürsten Fahnenlehen in Empfang (Heeresfolge). (Buchmalerei aus dem Sachsenspiegel des Eike von Repgow, 1225 in Deutschland)
Die Zwei-Schwerter-Theorie Die Auffassung des Gottesgnadentums besagte, dass König oder Kaiser ihre Macht unmittelbar von Gott erhalten hätten und dadurch über der geistlichen Macht stünden, die vom Papst verkörpert wurde.
Im Gegensatz dazu berief sich das Papsttum in seiner Zwei-Schwerter-Theorie auf die Bibel und erklärte: «Zwei Schwerter liess Gott auf Erden, um die Christenheit zu beschirmen. Dem Papst ist gesetzt das Geistliche, dem Kaiser das Weltliche» (nach dem Sachsenspiegel). Papst Bonifaz VIII. ging in seiner Bulle «Unam sanctam» vom 18. November 1302 noch einen Schritt weiter:
«... Es muss aber ein Schwert unter dem anderen stehen und die weltliche Autorität der geistlichen Gewalt unterworfen sein.... Denn wie die Wahrheit bezeugt, hat die geistliche Gewalt die Irdische einzusetzen und zu richten, wenn sie nicht gut ist ...»
Anfänglich war die Kirche politisch zu wenig gefestigt, um von sich aus ihre Macht zu demonstrieren. Den Päpsten lag deshalb viel daran, weltlichen Schutz zu geniessen. Sie förderten deshalb die Erneuerung des römischen Kaisertums. Dadurch geriet aber das Papsttum immer stärker in Abhängigkeit von seinem Schutzherrn.
 
Seite mit Buchmalerei und Text aus dem Sachsenspiegel (Vorderseite des 57 Blattes), welche die Wahl des Königs zeigt. (Sachsenspiegel des Eike von Repgow, 1225 in Deutschland)
Kaiser und Papst ringen um die Vorherrschaft 
Mit dem Erstarken der geistlichen Macht begann schliesslich das Ringen um die politische Vorherrschaft im Abendland. Dem Gottesgnadentum des Kaisers stand die Zwei-Schwerter-Theorie des Papstes gegenüber, welche die geistliche Macht über die Weltliche stellte.
Der Konflikt gipfelte im Investiturstreit, d. h. in der Frage, wer für die Einsetzung der Bischöfe zuständig sei, der Papst oder der Kaiser. Gegenseitige Intrigen und Erniedrigungen wechselten sich ab. Erst der Kompromiss des Wormser Konkordats von 1122 machte dem Streit ein (vorläufiges) Ende.
Der Kaiser hatte jedoch seine Stellung nicht nur gegenüber dem Papsttum zu verteidigen; auch die Herzöge versuchten immer wieder, ihre Macht auszubauen.

Das Lehnswesen des Mittelalters  Durch das Lehnswesen war es zunächst möglich, den Adel an der Macht teilnehmen zu lassen, ohne die kaiserliche Gewalt dadurch zu schmälern. Lehnsherr und Lehnsmann (Vasall) waren durch gegenseitige Treue aneinander gebunden.
Für seine Dienste (meist Kriegsdienste) erhielt der Lehensmann Land zur Nutzniessung; daneben wurden auch Ämter und Rechte als Lehen vergeben. Ursprünglich war das Lehen an eine Person gebunden; später wurde es erblich. Das führte zu einer immer grösseren Erstarkung des Adels und zu einem Machtverlust des Kaisertums bis zur Bedeutungslosigkeit.

Weltliche und geistliche Fürsten, Herzöge, Äbte und Bischöfe, vergrösserten ihren politischen Einflussbereich immer mehr. Aus abhängigen Reichsverwaltern wurden mächtige Territorialfürsten, während das spätmittelalterliche Kaisertum zusehends an Bedeutung verlor und seinen Herrschaftsanspruch an den Adel und an den Papst abgeben musste.
Am Ende des Hochmittelalters war das Heilige Römische Reich Deutscher Nation kein einheitlicher Staat mehr; es zerfiel in zahlreiche einzelne Herrschaftsgebiete, während sich im Westen, etwa in Frankreich und England,
Nationalstaaten bildeten, welche die Politik der kommenden Jahrhunderte massgeblich bestimmen sollten.

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