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Liechtensteins Weg zur UNO

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Liechtensteins Weg zur UNO

Liechtensteins Weg zur UNO

Kleinstaat und Weltforum

Regierungsrätin Aurelia Frick (2013-2019) bei einer Ansprache an der 73. UNO-Generalversammlung. (Foto: 2018 in New York)
Mitglieder der Vereinten Nationen können alle «friedliebenden Staaten» werden, wenn sie «die Verpflichtungen aus dieser Charta übernehmen».

Die UNO beurteilt in einem Aufnahmeverfahren, ob der betreffende Staat «fähig und willens» ist, die Bestimmungen der UNO-Charta zu erfüllen, die sich aus einer Mitgliedschaft ergeben. Die Aufnahme eines Staates als Vollmitglied der Vereinten Nationen «erfolgt auf Empfehlung des Sicherheitsrates durch Beschluss der Generalversammlung».

Sondierungsgespräche mit der UNO Die Diskussion betreffend einen Beitritt Liechtensteins zu den Vereinten Nationen nahm im Lande nach den siebziger Jahren erstmals wieder 1988 konkrete Formen an. Der Landtag erklärte sich auf Antrag der Regierung insbesondere damit einverstanden, dass die Regierung Gespräche aufnehme, die im Zusammenhang mit einem Beitritt zu den Vereinten Nationen erforderlich seien.
Die Sondierungsgespräche mit den ständigen und nichtständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates und den Sprechern der Regional- und Staatengruppen im November 1988 ergaben, dass «der Grundsatz der Universalität der UNO für eine Aufnahme Liechtensteins in die UNO spreche. Auch kleine Staaten seien in der Lage, einen positiven Beitrag zu leisten. Im Rahmen der Solidarität sollten alle Staaten an der internationalen Zusammenarbeit teilnehmen. Die so genannte Mikrostaatenfrage sei nicht mehr aktuell. Grundsätzlich nahmen alle Gesprächspartner eine positive Haltung gegenüber einem Beitrittsgesuch Liechtensteins ein: Es sei an Liechtenstein selbst gelegen, die konkreten Schritte mit Hinblick auf. die UNO-Mitgliedschaft zu unternehmen.»
(Bericht und Antrag an den Hohen Landtag, Nr.41/1989)
 
Fürst Hans-Adam II. bei der Thronrede zur Eröffnung des Landtages. (Foto: 1989)
Zum Bemühen um eine UNO-Mitgliedschaft äusserte sich der damalige Erbprinz Hans-Adam in der Thronrede zur Eröffnung des Landtages 1989.

«... Personen, welche die Geschichte und die Hintergründe der liechtensteinischen Aussenpolitik weniger gut kennen, vertreten häufig die Ansicht, dass die Zukunft Liechtensteins in Europa liegt und wir eine UNO-Mitgliedschaft nicht brauchen. Auf diese Frage möchte ich etwas ausführlicher eingehen.
Wer sich unsere Exportstatistik betrachtet, wird feststellen, dass kaum ein anderes europäisches Land so viel in Länder ausserhalb Westeuropas ausführt wie Liechtenstein. Auch der Dienstleistungssektor dürfte für europäische Verhältnisse eine ungewöhnlich starke internationale Verflechtung aufweisen. Es kann unserer Wirtschaft deshalb nicht gleichgültig sein, ob Liechtenstein ausserhalb von Europa als souveräner Staat anerkannt wird. Nicht nur für Länder der Dritten Welt ist die fehlende UNO-Mitgliedschaft ein Hinweis, dass Liechtenstein nicht wirklich souverän ist.
Betrachtet man die liechtensteinische Geschichte, ist diese Auffassung verständlich. Das Fürstentum versuchte nach dem Ersten Weltkrieg, Mitglied des Völkerbundes zu werden. Nur die Schweiz stimmte dafür, alle anderen Mitgliedsstaaten waren dagegen. Der offizielle Grund war das fehlende Militär. Beschäftigt man sich aber etwas mit den Hintergründen dieser Ablehnung, muss man annehmen, dass wir auch mit Militär unser Ziel nicht erreicht hätten. Unter den Mitgliedstaaten des Völkerbundes war die Ansicht vorherrschend, dass so kleine Staaten wie Liechtenstein nicht voll souverän und gleichberechtigt sein können.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ist es uns nur mit grossen diplomatischen Anstrengungen gelungen, Mitglied des Internationalen Gerichtshofes zu werden – eine Unterorganisation der UNO. Aus den damaligen Verhandlungen war es klar ersichtlich, dass ein Aufnahmegesuch Liechtensteins bei der UNO keine Chance gehabt hätte.
Bis in die 70er Jahre hätte Liechtenstein weder Mitglied der UNO noch des Europarates werden können. Von der liechtensteinischen Öffentlichkeit kaum bemerkt, verbesserte sich die aussenpolitische Position unseres Landes erst durch die Einladung zur Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. ...»  
(Aus der Thronrede vom 18. März 1989)
 
Delegation des Fürstentum Liechtensteins unter der Führung des Aussenministers Ernst Walch von 2001 - 2005. (Foto: September 2004)
Fürst und Landtag für Mitgliedschaft bei der UNONach dem positiven Abschluss der Vorbereitungsgespräche und im Einvernehmen mit Fürst Hans-Adam II. befürwortete der Landtag am 14. Dezember 1989 einstimmig den Antrag der Regierung, eine Mitgliedschaft bei der UNO  anzustreben.
Am 10. August 1990 hinterlegte Liechtenstein beim Generalsekretär der UNO in New York ein entsprechendes Aufnahmegesuch. Bereits vier Tage später reichte der UNO-Sicherheitsrat dieses Gesuch mit einer einstimmig gefassten positiven Empfehlung weiter an die Generalversammlung der UNO.

Aufnahme Liechtensteins in die UNO per Akklamation Zu Beginn der 45. Session der UNO-Generalversammlung wurde Liechtenstein am 18. September 1990 als 160. Mitglied per Akklamation (= Zustimmung durch Beifall) in die Organisation der Vereinten Nationen aufgenommen.
Mit der Aufnahme Liechtensteins zu den Vereinten Nationen schloss sich für unser Land ein Kreis aktiver Aussenpolitik. Dieser umfasst die guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten ebenso wie die aktive Mitarbeit auf der europäischen internationalen Ebene (Europarat, OSZE). Der UNO-Beitritt bezeugt die Bereitschaft und den Willen unseres Landes zur internationalen Zusammenarbeit und Solidarität, wie sie von allen Staaten gefordert ist.

Kleinstaat im Weltforum Die UNO bietet dem kleinen Staat Liechtenstein die Chance, auf diesem Weltforum einen aktiven Beitrag zur Lösung der vordringlichen Probleme unserer Zeit, wie Unterernährung, Überbevölkerung, Flüchtlingselend und Umweltschutz zu leisten. Beim Bemühen, diese Probleme zu lösen, darf kein Staat abseits stehen, da sie das friedliche Zusammenleben der Menschen ebenso gefährden wie die Missachtung der Menschenrechte und nationale Aggressionen.
 
Aussenpolitik ist der politische Ausdruck für den Grad der Selbstachtung, die ein Volk für sich hat.
Regierungschef-Stellvertreter Dr. Herbert Wille, 1987