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Rechte und Pflichten der Landesangehörigen

Rechte

Der Art. 31 der Landesverfassung betont die Gleichheit aller Landesangehörigen vor dem Gesetz und die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Rechte der Ausländer werden durch Staatsverträge geregelt.
Die Menschenrechte sind das Ergebnis eines jahrhundertelangen Ringens verschiedener Völker mit der Obrigkeit. Die Gültigkeit der Menschenrechte wird heute in fast allen Staaten anerkannt.  

Die Menschenrechte gelten für alle Menschen, die sich in einem Land aufhalten, unabhängig davon, ob sie dessen Staatsbürger sind oder nicht.
Diese Menschenrechte bilden auch die Grundlage für die Rechte und Pflichten der Landesangehörigen.

Die nachstehenden Menschenrechte (Grundrechte) sind auch in unserer Verfassung verankert:
  • Gleichheit vor dem Gesetz
  • Recht der freien Niederlassung
  • Persönliche Freiheit
  • Hausrecht
  • Schutz des Brief- und Schriftengeheimnisses
  • Unverletzlichkeit des Privateigentums
  • Handels- und Gewerbefreiheit
  • Glaubens- und Gewissensfreiheit
  • Recht der freien Meinungsäusserung
  • Freies Vereins- und Versammlungsrecht
  • Petitionsrecht
  • Recht auf Beschwerdeführung
Es gab eine Zeit, in der nicht alle Menschen unserer Region die gleichen Rechte besassen. Im frühen Mittelalter kannte man im alten Rätien drei Klassen:
  • Freie (Grundherren)
  • Halbfreie (Kolonen, Hörige, Vasallen)
  • Unfreie (Leibeigene)
Als dann im ausgehenden Mittelalter die Bewohner der beiden Herrschaften Vaduz und Schellenberg unter der Gerichtsbarkeit der Grafen standen, verwischten sich allmählich diese Standesunterschiede.
 
Der Weg zur wirklichen Gleichberechtigung ist ein langer Weg. In der Gesetzgebung ist der grosse Schritt getan - die Zeit, bis die Umsetzungen greifen ist absehbar. (seit 1996)
Gleichheit aller Landesangehörigen Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts garantierte der Besitz einer männlichen erwachsenen Person das Recht, an einer Wahl aktiv teilnehmen zu können. Besitzlose (Knechte, Tagelöhner, verarmte Bauern usw.) sowie alle Frauen waren von diesem Wahlrecht ausgeschlossen. Durch den so genannten «Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz» wurden die Sonderrechte der Besitzenden aufgehoben und das «Prinzip des allgemeinen gleichen Wahlrechtes» im Jahr 1919 eingeführt. Dies galt jedoch nur für alle erwachsenen Männer. Frauen waren weiterhin von diesem Recht ausgeschlossen, obwohl die Verfassung von 1921 die Gleichheit aller Landesangehörigen vor dem Gesetz garantierte. (Mit Landesangehörige waren ausdrücklich Frauen und Männer gemeint!)
Zu erwähnen sind diesbezüglich das Familienrecht, das Bürgerrecht (erleichterte Einbürgerung von eingeheirateten Ausländerinnen) und die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV-berechtigt: Frau mit 64 Jahren, Mann mit 64 Jahren).
Es ist zu erwarten, dass die völlige Gleichberechtigung in absehbarer Zeit verwirklicht wird. Der Prozess hierzu ist im Gange.
 
Je mehr Menschen - seien es Mitarbeitende oder Verantwortliche
in den Firmen - über das Gleichstellungsgesetz (GLG)
orientiert sind, desto reibungsloser wird die Gleichstellung
umgesetzt.
Das 1999 eingeführte GLG hat das Ziel, die tatsächliche Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben zu fördern. Gleichstellung lohnt sich - auch für die Unternehmen.
Gleichheitsgrundsatz von Mann und Frau Noch bis 1984 wurde den Frauen das Recht auf politische Teilnahme versagt, sie durften weder an einer politischen Wahl teilnehmen (wählen), noch sich für ein politisches Amt aufstellen lassen (sich wählen lassen), noch über eine Sachvorlage abstimmen. Aber auch in vielen Gesetzen, Verordnungen usw. waren Frauen den Männern nicht gleichgestellt. 1992 wurde der  Artikel 31 der Verfassung folgendermassen abgeändert:
  1. Alle Landesangehörigen sind vor dem Gesetze gleich. Die öffentlichen Ämter sind ihnen unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gleich zugänglich. 
  2. Mann und Frau sind gleichberechtigt.
Der Chancengleichheitspreis: Die Politik schafft mit dem Chancengleichheitspreis Anreize, Betriebe zu motivieren, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerb zu ermöglichen, in dem sie frauen- und familienfreundliche Strukturen schaffen.
Als erster Betrieb erhielt die Swarovski den Chancengleichheitspreis 2003 von der Regierung.
Im Jahr 1992 gab die Regierung den Auftrag, dass alle Gesetze, die nicht dem Gleichheitsgrundsatz von Mann und Frau entsprachen, zu ändern. Seit 1996 ist die gesetzliche Gleichstellung nahezu verwirklicht. In der Realität bestehen jedoch bis heute noch Ungleichheiten, beispielsweise erhalten Frauen für die gleiche Arbeit immer noch weniger Lohn, sind die Wahlchancen für Frauen geringer usw.
 
Das Recht der freien Niederlassung ist nur den Landesangehörigen gewährt. Für ausländische Staatbürger gelten spezielle Bestimmungen, die in Staatsverträgen festgehalten sind.
Landesangehörige dürfen sich im Staatsgebiet frei niederlassen Das Recht der freien Niederlassung für war unseren Vorfahren früher nicht gegeben: Wer seinen Wohnort verlassen wollte, musste die Bewilligung der Obrigkeit einholen; das galt vor allem für die Auswanderungswilligen aus Liechtenstein gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Heute steht dieses Recht der freien Niederlassung für alle Landesangehörigen in der Verfassung festgeschrieben (Art. 28). Die Niederlassungsrechte für Ausländer werden allerdings mit den betreffenden Staaten bilateral geregelt.
Auch manche EU-Mitgliedstaaten haben in ihren Verträgen spezielle Zuwanderungsquoten von Ausländern festgelegt, was – mit Rücksicht auf nationale Interessen – das Recht der freien Niederlassung innerhalb der Grenzen der EU beschneidet.

Dass Grundrechte auch eingeschränkt werden können, wenn dies das öffentliche Interesse verlangt, war früher durch die Vorschrift gegeben, dass Lehrpersonen in der Gemeinde wohnen mussten, in der sie unterrichteten. Heute bestehen diesbezüglich keine gesetzlichen Vorschriften mehr.


Religionsfreiheit ist eines der elementaren Menschenrechte. Das Recht der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet auch, eine eigene Weltanschauung zu haben.
Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle MenschenWir halten die Glaubens- und Gewissensfreiheit für selbstverständlich. Das Recht, seine Religion zu bestimmen, war unseren Vorfahren verwehrt. So wurden zur Zeit der Reformation auch Glaubenskriege geführt. Der Landesherr schrieb den Untertanen vor, welchem Bekenntnis sie anzugehören hatten. Graf Rudolph von Sulz befahl 1529: «Keiner, der zu Vaduz und am Eschnerberg gesessen sei, soll seine Kinder ausser Landes an Anhänger Zwinglis oder Luthers verheiraten; sollte dies aus Irrtum oder Unwissenheit geschehen, so sollen solche, die mit Neugläubigen ein Eheband geknüpft, nicht mehr ins Land eingelassen und darin «gehauset und gehofet» werden» (Peter Kaiser, Geschichte des Fürstenthums Liechtenstein).

Das Recht der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet, eine eigene Weltanschauung zu haben; es beinhaltet aber auch das Recht, konfessionslos zu sein, ohne deshalb Benachteiligungen hinnehmen zu müssen (Art. 39).
 
Der Art. 32 der Verfassung schützt alle Personen vor Eingriffen des Staates; der Staat muss die Freiheit der Person, das Hausrecht und das Brief- und Schriftengeheimnis respektieren. Ohne richterlichen Befehl darf niemand verhaftet werden.
My home is my castle Unsere Verfassung gewährleistet «die Freiheit der Person, das Hausrecht, das Brief- und Schriftgeheimnis». Dadurch wird der Einzelne in seiner persönlichen Sphäre auch vor den Eingriffen des Staates geschützt. In viele persönliche Lebensbereiche darf sich der Staat nur im Rahmen der Gesetze einmischen. So unterliegen Hausdurchsuchungen oder Einsichtnahme in Schriften und Briefe durch die Polizei strengen gesetzlichen Vorschriften. Postbeamte, die in Ausübung ihres Berufes den Inhalt von Telegrammen erfahren, sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ein englischer Staatsmann soll gesagt haben: «Wir wollen nach Hause kommen und den Schlüssel im Schloss umdrehen, ohne bei dem Gedanken an eine Polizei zittern zu müssen». Das gleiche will auch das englische Sprichwort besagen: «Mein Haus ist meine Burg. Sonne und Regen dürfen hinein, nicht aber der König.» Das Recht auf persönliche Freiheit schützt auch gegen willkürliche Verhaftungen durch die Polizei, d. h. ohne richterlichen Befehl darf niemand festgenommen werden.
 
Was bedeutet  Unverletzlichkeit des Privateigentums?Ist es richtig, dass der einzelne Eigentum besitzt? Dazu gab und gibt es verschiedene Meinungen. «Eigentum ist Diebstahl», schrieb der Franzose Proudhon. Karl Marx sagte: «Wer Eigentum an Produktionsmitteln (Güter, die dazu dienen, andere Güter herzustellen, z.B. Fabrikanlagen) hat, beutet andere Menschen aus.»
Anders lehrte Papst Pius XI. in «Quadragesimo anno»: «Kein Staat darf einem Menschen das Recht auf Eigentum nehmen, aber er muss dafür sorgen, dass der Gebrauch des Eigentums mit dem Gemeinwohl in Einklang gebracht wird. Die gerechte Verteilung der Erdengüter ist durch den ungeheuren Gegensatz von Überreichen und einer unübersehbaren Menge an Eigentumslosen aufs schwerste gestört.»
Und ähnlich lautet eine Denkschrift der Evangelischen Aktionsgemeinschaft in Deutschland: «Jeder Mensch hat das Recht, über irdische Güter zu verfügen. Er soll «mein» sagen können, damit er frei sein kann. Es muss mit Nachdruck dafür gesorgt werden, dass auch die Arbeitnehmer die Möglichkeit haben, den Ertrag ihrer Arbeit wieder nutzbringend im Produktionsvermögen anzulegen.»
 
Unsere Verfassung garantiert in Artikel 41 das Vereins- und Versammlungsrecht. Diese beinhalten ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Versammlung. Versammlungen werden meist von Vereinen oder Interessengruppen organisiert und dienen einem gemeinschaftlichen Zweck. Für öffentliche Demonstrationen gelten besondere Regelungen.
Vereins- und VersammlungsrechtWenn Leute sich in Vereinen zusammen schliessen, befürchtet der um seine Macht bangende Staat, dass «Ordnung und Ruhe» beeinträchtigt werden könnten.
Das freie Vereins- und Versammlungsrecht ist innerhalb der gesetzlichen Schranken gewährleistet (Art. 41). Dieses Recht bezieht sich insbesondere auf die Versammlung politischer Interessengruppen und Parteien. In unserem Land gibt es über 300 eingetragene Vereine.
 
In einer Demokratie  ist das Recht auf Meinungsfreiheit gewährleistet. Sie ist als Menschenrecht gegen die Staatsgewalt gerichtet und soll verhindern, dass die öffentliche Meinungsbildung durch die Staatsgewalten verhindert oder beeinträchtigt wird. Die Meinungsfreiheit schützt nicht nur die freie Rede, sondern auch die Verbreitung einer Meinung, unabhängig von der Form (Wort, Schrift, Bild). Dabei dürfen allerdings Gesetze und die Sittlichkeit nicht verletzt werden.
Grundrecht oder Interesse der Allgemeinheit?Was hat nun Vorrang? Rücksicht auf das Grundrecht oder die Interessen der Allgemeinheit? Eine Antwort darauf geben Artikel 34 und 35 unserer Verfassung: «Die Unverletzlichkeit des Privateigentums ist gewährleistet. Konfiskationen finden nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen statt... Wo es das öffentliche Wohl erheischt, kann die Abtretung oder Belastung jeder Art von Vermögen gegen angemessene... Schadloshaltung verfügt werden...» Diese Verfassungsbestimmung besagt, dass die Beschränkung des Eigentums dann zulässig ist, wenn es das öffentliche Interesse verlangt oder das Gesetz vorsieht. Solche Beschränkungen sind beispielsweise durch Bauvorschriften und Zonenplanung gegeben.

Presse- und Meinungsfreiheit In einem diktatorisch regierten Staat ist «Ordnung» wichtiger als Freiheit. «Ruhe ist die erste Bürgerpflicht», forderte Minister Schulenburg 1806 nach der Schlacht bei Jena in einem Anschlagzettel die Berliner auf. Alles, was die von der Obrigkeit verfügte «Ordnung» beeinträchtigen könnte, wird wohlweislich verboten.
Das Recht der freien Meinungsäusserung hat in einem solchen Staat keinen Platz. Eine freie und unabhängige Presse ist undenkbar.
 
Die Ausübung von Handel und Gewerbe sind  frei und werden durch Gesetze genauer geregelt (Art.36)
Unser Grundgesetz jedoch erlaubt «jedermann durch Wort, Schrift, Druck... innerhalb der Schranken des Gesetzes und der Sittlichkeit seine Meinung frei zu äussern.»
Ein weiteres Zeichen eines demokratischen Staates ist die Handels- und Gewerbefreiheit, wie sie unsere Verfassung in Art. 36 garantiert. Die näheren Bestimmungen regelt der Staat durch Gesetze.
 
 Einzelpersonen, Interessengruppen oder Gemeinden können über eine Petition ihre Anliegen in den Landtag einbringen.
Schutzlos gegenüber der Staatsgewalt?Was können wir tun, wenn Behörden, Politiker, Beamte uns ungerecht behandeln, unsere Grundrechte verletzen? Sind wir der Staatsgewalt schutzlos ausgeliefert? Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich zu wehren:
  1. Ich kann meine Wünsche und Bitten durch einen Abgeordneten im Landtag vorbringen lassen (Petitionsrecht) 
  2. Ich kann mein Anliegen in der Zeitung veröffentlichen. Manche Zeitungen setzen sich gerne für Menschen ein, die sich ungerecht behandelt fühlen (Recht der freien Meinungsäusserung).
  3. Ich kann gegen Entscheidungen, Verfügungen, Anordnungen oder Beschlüsse einer Behörde Beschwerde erheben. Je nach Inhalt der Beschwerde ist der Staatsgerichtshof die höchste Instanz. In gewissen Fällen ist sogar die Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte möglich.
Wer sich durch Verfügungen oder Entscheidungen einer Behörde in seinen Rechten benachteiligt fühlt, kann dagegen - soweit das gesetzlich möglich ist - Beschwerde erheben.
Das Recht der Beschwerdeführung darf als die Vollendung der Grund- und Freiheitsrechte bezeichnet werden. Wird allerdings eine eingebrachte Beschwerde von der vorgesetzten Stelle abgewiesen, so ist diese verpflichtet, die Entscheidung zu begründen. (Art. 43)

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Historisches Lexikon von Liechtenstein
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