Die Geschichte des Landtages
Der Landtag von 1862 bis 1921
Die konstitutionelle Verfassung von 1862 brachte zwar einen moderaten demokratischen Fortschritt, durchbrach aber die Vorherrschaft des Monarchen nicht.
Entsprechend dem Grundsatz, dass die kleine Monarchie Liechtenstein nach dem Vorbild der Donaumonarchie Österreich-Ungarn regiert werden sollte, hatten die Fürsten Alois II. und, nach dessen Ableben, Johann II. mit jeder Verfassungsänderung zugewartet, bis sich in Österreich eine Lösung der Verfassungsfrage abzeichnete. 1860/61 erfolgte in Österreich der Durchbruch zum Konstitutionalismus. Der Reichstag und die Landtage der Länder erhielten das Recht zur Mitwirkung an der Gesetzgebung. Damit war auch der Weg frei für eine neue liechtensteinische Verfassung.
Konstitutionelle Verfassung 1862Liechtenstein erhielt seine neue konstitutionelle Verfassung am 26. September 1862. Diese Verfassung war einerseits vom Gedanken geprägt, dem Volk eine Repräsentation mit beträchtlichen Mitwirkungsrechten zuzugestehen; andererseits war sie vom Willen getragen, das monarchische Prinzip, wie es die Akte des Deutschen Bundes vorschrieb, zu wahren.
Die Grundlage für die neue Volksvertretung bildete § 39 der Verfassung: «Der Landtag ist das gesetzmässige Organ der Gesamtheit der Landesangehörigen und als solches berufen, deren Rechte gegenüber im Verhältnisse zur Regierung nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde geltend zu machen und das allgemeine Wohl des Fürsten und des Landes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsätze der Verfassung möglichst zu befördern.»
Entsprechend dem Grundsatz, dass die kleine Monarchie Liechtenstein nach dem Vorbild der Donaumonarchie Österreich-Ungarn regiert werden sollte, hatten die Fürsten Alois II. und, nach dessen Ableben, Johann II. mit jeder Verfassungsänderung zugewartet, bis sich in Österreich eine Lösung der Verfassungsfrage abzeichnete. 1860/61 erfolgte in Österreich der Durchbruch zum Konstitutionalismus. Der Reichstag und die Landtage der Länder erhielten das Recht zur Mitwirkung an der Gesetzgebung. Damit war auch der Weg frei für eine neue liechtensteinische Verfassung.
Konstitutionelle Verfassung 1862Liechtenstein erhielt seine neue konstitutionelle Verfassung am 26. September 1862. Diese Verfassung war einerseits vom Gedanken geprägt, dem Volk eine Repräsentation mit beträchtlichen Mitwirkungsrechten zuzugestehen; andererseits war sie vom Willen getragen, das monarchische Prinzip, wie es die Akte des Deutschen Bundes vorschrieb, zu wahren.
Die Grundlage für die neue Volksvertretung bildete § 39 der Verfassung: «Der Landtag ist das gesetzmässige Organ der Gesamtheit der Landesangehörigen und als solches berufen, deren Rechte gegenüber im Verhältnisse zur Regierung nach den Bestimmungen der Verfassungsurkunde geltend zu machen und das allgemeine Wohl des Fürsten und des Landes mit treuer Anhänglichkeit an die Grundsätze der Verfassung möglichst zu befördern.»
Monarchisches Prinzip
In § 2 der Verfassung wurde das monarchische Prinzip gewahrt: «Der Landesfürst ist Oberhaupt des Staates, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt sie unter den in gegenwärtiger Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus.» Der Landesfürst war somit allein Souverän.
Nach § 28 der Verfassung erfolgte die Organisation der Landesbehörden auf dem Verordnungswege durch den Landesfürsten, war also nicht Bestandteil der eigentlichen Verfassung. Gleichzeitig mit der Verfassung erschien eine Amtsinstruktion, welche die organisatorischen Bestimmungen für die Gerichte und die Regierung enthielt und deren Kompetenzen umschrieb. Die Zweiteilung Verfassung – Amtsinstruktion brachte das monarchische Prinzip deutlich zum Ausdruck: Rechtsprechung und Regierung sollten dem Einfluss des Landtages weitgehend entzogen bleiben, seine Mitwirkung sollte sich vor allem auf die Gesetzgebung und das Finanzwesen erstrecken.
Mitwirkungsrecht des Landtages Ohne Zustimmung des Landtages durfte kein Gesetz gegeben, geändert oder aufgehoben werden. Vorbehalten blieb dem Landesfürsten das Recht, in dringenden Fällen das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Landes vorzukehren. Ohne Bewilligung des Landtages durften keine direkten oder indirekten Steuern und Abgaben erhoben werden. Der Landtag hatte ein – allerdings beschränktes – Kontrollrecht gegenüber Landesverwaltung und Regierung: Er hatte das Recht zu Anträgen und Beschwerden in Bezug auf die Staatsverwaltung sowie das Recht, eine Anklage wegen Verfassungs- und Gesetzesverletzungen der verantwortlichen Staatsdiener beim Landesfürsten zu beantragen. Eine umfassende Kontrollfunktion, die z.B. einen jährlichen Rechenschaftsbericht vorausgesetzt hätte, fehlte noch.
Nach § 28 der Verfassung erfolgte die Organisation der Landesbehörden auf dem Verordnungswege durch den Landesfürsten, war also nicht Bestandteil der eigentlichen Verfassung. Gleichzeitig mit der Verfassung erschien eine Amtsinstruktion, welche die organisatorischen Bestimmungen für die Gerichte und die Regierung enthielt und deren Kompetenzen umschrieb. Die Zweiteilung Verfassung – Amtsinstruktion brachte das monarchische Prinzip deutlich zum Ausdruck: Rechtsprechung und Regierung sollten dem Einfluss des Landtages weitgehend entzogen bleiben, seine Mitwirkung sollte sich vor allem auf die Gesetzgebung und das Finanzwesen erstrecken.
Mitwirkungsrecht des Landtages Ohne Zustimmung des Landtages durfte kein Gesetz gegeben, geändert oder aufgehoben werden. Vorbehalten blieb dem Landesfürsten das Recht, in dringenden Fällen das Nötige zur Sicherheit und Wohlfahrt des Landes vorzukehren. Ohne Bewilligung des Landtages durften keine direkten oder indirekten Steuern und Abgaben erhoben werden. Der Landtag hatte ein – allerdings beschränktes – Kontrollrecht gegenüber Landesverwaltung und Regierung: Er hatte das Recht zu Anträgen und Beschwerden in Bezug auf die Staatsverwaltung sowie das Recht, eine Anklage wegen Verfassungs- und Gesetzesverletzungen der verantwortlichen Staatsdiener beim Landesfürsten zu beantragen. Eine umfassende Kontrollfunktion, die z.B. einen jährlichen Rechenschaftsbericht vorausgesetzt hätte, fehlte noch.
Aussenpolitik
An der Aussenpolitik erhielt der Landtag insofern ein Mitwirkungsrecht, als Staatsverträge, die das Staatsgebiet oder die Hoheitsrechte betrafen oder die dem Land neue Lasten brachten, vom Landtag «verwilligt» (=bewilligt) werden mussten.
Mit § 41 erhielt der liechtensteinische Landtag ein unbeschränktes Initiativrecht in der Gesetzgebung, d. h., dass nicht nur der Landesfürst Gesetzesvorschläge in den Landtag einbringen konnte, sondern auch der Landtag.
Der neue Landtag bestand nur noch aus 15 Mitgliedern. Im Vergleich zum Ständelandtag mit 25 Mitgliedern entsprach dies einer Verminderung um 40 Prozent.
Mit § 41 erhielt der liechtensteinische Landtag ein unbeschränktes Initiativrecht in der Gesetzgebung, d. h., dass nicht nur der Landesfürst Gesetzesvorschläge in den Landtag einbringen konnte, sondern auch der Landtag.
Der neue Landtag bestand nur noch aus 15 Mitgliedern. Im Vergleich zum Ständelandtag mit 25 Mitgliedern entsprach dies einer Verminderung um 40 Prozent.
Zwölf Abgeordnete des neuen Landtags wurden vom Volk mittels Wahlmänner gewählt, drei Abgeordnete ernannte der Fürst. Die Ernennung von drei Abgeordneten tat dem Wesen des Landtags als einer Volksvertretung kaum Abbruch, da der Fürst jeweils drei einheimische, angesehene Männer zu ernennen pflegte. Der Landesfürst besass mit seinem Ernennungsrecht die Möglichkeit, bereits auf das Wahlergebnis korrigierend Einfluss zu nehmen. Verschiedentlich wurde diese Möglichkeit auch genutzt, um bewährte Abgeordnete, die von der Wahlmännerversammlung nicht mehr berücksichtigt worden waren, wieder in den Landtag zu bringen.
Erster Landtag 1862 nach der neuen Verfassung
Am 10. Dezember 1862 trat der Landtag zu einer ersten, einer sogenannt «vorbereitenden Sitzung» zusammen. Die offizielle feierliche Eröffnungssitzung fand am 29. Dezember 1862 statt. Im Namen des Fürsten eröffnete Landesverweser Karl von Hausen den Landtag mit einer kleinen Ansprache und nahm die Vereidigung der Abgeordneten vor. Darauf ergriff Landtagspräsident Dr. Karl Schädler das Wort. Er dankte dem «hochherzigen Landesfürsten» für seine Bereitschaft zu einer neuen Verfassung und erinnerte die Abgeordneten an die hohen Erwartungen in die neue Volksvertretung. Das neue Parlament war sich seiner grossen Aufgabe bewusst und bewältigte in den ersten Jahren ein grosses Arbeitspensum.
Zum Beispiel:
1863 Geschäftsordnung des Landtages
Verordnung über die Einführung des Landesgesetzblattes
1864 Gesetz über die Zehentablösung
Gemeindegesetz
Gesetz über die Spar- und Leihkasse
1865 Gesetz über die Landesvermessung
Gesetz über die Gewerbeordnung
1866 Steuergesetz
Waldordnung
Gesetz über die Verbesserung der Viehzucht
Zum Beispiel:
1863 Geschäftsordnung des Landtages
Verordnung über die Einführung des Landesgesetzblattes
1864 Gesetz über die Zehentablösung
Gemeindegesetz
Gesetz über die Spar- und Leihkasse
1865 Gesetz über die Landesvermessung
Gesetz über die Gewerbeordnung
1866 Steuergesetz
Waldordnung
Gesetz über die Verbesserung der Viehzucht
Geschäftsordnung
Die Geschäftsordnung, die der Landtag bereits in seiner Eröffnungssitzung im Jahre 1862 behandelte, enthielt die Vorschriften über die Organisation des Landtages und die Geschäftsbehandlung im Landtag. Diese erste Geschäftsordnung blieb über 100 Jahre in Kraft. 1969 wurde sie neu gefasst und erweitert, die meisten Grundsätze wurden aber aus der alten Geschäftsordnung von 1863 übernommen.
Die wesentlichen Grundsätze dieser Geschäftsordnung waren folgende: Zur Gültigkeit der Landtagsverhandlungen mussten mindestens zwei Drittel der Abgeordneten anwesend sein. Der Präsident wurde vom Landtag gewählt und vom Landesfürsten bestätigt. Er leitete die Versammlungen und ordnete die einzelnen Sitzungen an. Die Abgeordneten hatten ihre Anträge dem Präsidenten schriftlich zuzustellen. Er musste diese der Versammlung vorlesen. Fand ein Antrag die Unterstützung von drei Abgeordneten, so musste er von einem Ausschuss behandelt werden. Die beiden Sekretäre führten nicht nur die Sitzungsprotokolle, sondern erledigten alle Sekretariatsarbeiten für den Landtag.
Die wesentlichen Grundsätze dieser Geschäftsordnung waren folgende: Zur Gültigkeit der Landtagsverhandlungen mussten mindestens zwei Drittel der Abgeordneten anwesend sein. Der Präsident wurde vom Landtag gewählt und vom Landesfürsten bestätigt. Er leitete die Versammlungen und ordnete die einzelnen Sitzungen an. Die Abgeordneten hatten ihre Anträge dem Präsidenten schriftlich zuzustellen. Er musste diese der Versammlung vorlesen. Fand ein Antrag die Unterstützung von drei Abgeordneten, so musste er von einem Ausschuss behandelt werden. Die beiden Sekretäre führten nicht nur die Sitzungsprotokolle, sondern erledigten alle Sekretariatsarbeiten für den Landtag.
Landesausschuss
In der letzten Sitzung eines Jahres wurde unmittelbar vor der Schliessung des Landtages ein Landesausschuss gewählt. Er bestand aus dem Präsidenten und zwei Mitgliedern, gewählt wurden jeweils auch zwei Stellvertreter. Der Ausschuss durfte keine bleibenden Verbindlichkeiten für das Land eingehen und war dem Landtag für seine Geschäftsführung verantwortlich. Die Hauptaufgaben des Landesausschusses waren, darauf zu achten, dass die Landtagsbeschlüsse vollzogen wurden. Er hatte die Landeskassenrechnung zu prüfen und kommende Landtagssitzungen vorzubereiten.
Immunität
Die Abgeordneten genossen die Immunität: Während der Dauer des Landtages durften sie, abgesehen von der Ergreifung auf frischer Tat, nicht verhaftet werden. Im Landtag genossen sie Redefreiheit, sie waren nur dem Landtag verantwortlich. Während der Dauer des Landtages durften sich die Abgeordneten nicht ohne Bewilligung des Landtages «entfernen», in dringenden Fällen konnte auch der Präsident für einen oder zwei Tage Urlaub gewähren.
Die Landtagssitzungen waren öffentlich. Nur ausnahmsweise konnte eine Landtagssitzung hinter verschlossenen Türen stattfinden. Tatsächlich fanden bis 1920 kaum nichtöffentliche Landtagssitzungen statt. Der Landtag wählte, so oft es für nötig erachtet wurde, Kommissionen mit drei bis fünf Mitgliedern. In der Regel wurden alle Gesetzesvorlagen zur Berichterstattung an eine Kommission überwiesen. In den 1870er und frühen 80er Jahren wählte der Landtag jeweils eine eigene Gesetzgebungskommission. Später wurden die meisten Landtagsgeschäfte von der Finanzkommission vorbereitet, die damit eine ausserordentlich grosse Bedeutung erlangte.
Die Landtagssitzungen waren öffentlich. Nur ausnahmsweise konnte eine Landtagssitzung hinter verschlossenen Türen stattfinden. Tatsächlich fanden bis 1920 kaum nichtöffentliche Landtagssitzungen statt. Der Landtag wählte, so oft es für nötig erachtet wurde, Kommissionen mit drei bis fünf Mitgliedern. In der Regel wurden alle Gesetzesvorlagen zur Berichterstattung an eine Kommission überwiesen. In den 1870er und frühen 80er Jahren wählte der Landtag jeweils eine eigene Gesetzgebungskommission. Später wurden die meisten Landtagsgeschäfte von der Finanzkommission vorbereitet, die damit eine ausserordentlich grosse Bedeutung erlangte.